Samstag, 30. März 2019

12. Außenwirkung

Heute Morgen erschien ich mit zwei Coffee to go in der Agentur. Extra etwas früher als sonst. Natalie vom Empfang war schon da, weil ihre Arbeitszeit bereits um 8:30 beginnt. Ich überreichte ihr einen der Becher und zauberte dadurch ein Lächeln in ihr Gesicht. „Für mich?“, fragte sie und konnte ihr Glück kaum fassen. Allerdings hielt dieses Glücksgefühl nicht lange an. Nach lobenden Worten über ihre positive Erscheinung und den guten Eindruck, den sie stets auf die Besucher der Agentur macht, legte ich mein Handy auf den Tresen und spielte ihr die Aufzeichnung eines Telefonanrufs vor, den ich gestern auf die Zentralnummer der Agentur machte. Natalie hörte ihre Meldung und erschrak ein wenig. Ungeachtet dessen reagierte sie ungehalten. Was das denn für Methoden sein, wollte sie wissen. Ihr Kaffee drohte unberührt kalt zu werden.

Es bedurfte eines sehr ruhigen Tons, eines sehr freundlichen Lächelns und eines sehr intensiven Augenkontaktes, um diese Situation nicht eskalieren zu lassen. Natalie ist ein sehr impulsives Wesen und ich bin nicht ihr Chef. Schließlich fanden wir einen Weg. Ich erzählte ihr von einem Telefontraining, welches ich einmal besucht habe. Dort waren lauter Mitarbeiterinnen aus Vorstandsbüros vertreten (stimmt wirklich!) und es ging darum, die Corporate Identity des Unternehmens in allen Bereichen umzusetzen. Die Trainerin erwähnte in diesem Zusammenhang, dass der Anrufer die ersten Sekunden einer Meldung oft gar nicht mitbekommt, da er sich erst auf die Stimme einstellen muss. Deshalb empfahl sie, zunächst einmal so etwas wie „Guten Tag“ zu sagen, um dann erst die wichtigeren Angaben zu Firmennamen, der Abteilung und des eigenen Namens zu machen. Nach ihrem ersten Schluck aus dem Kaffeebecher überlegten wir gemeinsam, wie das denn bei uns lauten könne. Schließlich notierte sie den künftigen Meldetext: Guten Tag… sie sprechen mit Boncreativa….mein Name ist Natalie Felzer. Ob sie da noch ein „Wie kann ich ihnen helfen...“ anfügen wollte, überließ ich ihr. Sie wollte das einmal austesten.
Ich glaube, es gelang mir sogar, ihr ein erweitertes Selbstverständnis für ihre Tätigkeit zu vermitteln. Schließlich repräsentiert sie die Agentur in einem nicht unerheblichen Maße. Somit rechtfertigt gerade das Telefonieren ihre volle Aufmerksamkeit. Ein Anrufer, der auch ein Interessent sein könnte, darf nie den Eindruck erhalten, dass er mit seinem Anruf stört. Als ich ihr noch den Tipp gab, mal bei den 10 Topagenturen anzurufen und sich deren Telefonarbeit anzuhören, hatte ich sie – so glaube ich zumindest – erreicht. Ich bin froh, dass das so gut gelaufen ist.
Natürlich war diese Aktion mit der Geschäftsleitung abgestimmt. Silke Sommer beauftragte mich damit, die generelle Außenwirkung der Agentur einmal unter die Lupe zu nehmen und evtl. Verbesserungsvorschläge zu machen. Hatte die Außenwirkung einer Agentur vor geraumer Zeit noch viel mit deren Adresse und dem Firmenwagen der Geschäftsleitung zu tun, ist sie im Zeitalter von Social Media ungleich komplexer. Denn heute kommuniziert jeder Mitarbeiter mit seinen diversen Profilen und seinen Beurteilung als (Ex-) Arbeitnehmer kräftig mit.
Mein erstes Interesse gilt unserer Homepage. Welche Zielgruppe hat sie eigentlich? Richtet sie sich an neue Kunden, wollen wir durch sie neue Mitarbeiter gewinnen, Flagge gegenüber den Wettbewerbern zeigen oder worum geht es hier? Eine klare Antwort finde ich nicht. Sie ist so aufgebaut, dass sie im Wesentlichen Einblick in die Arbeiten der letzten Jahre gibt. Nimmt man die Bedeutung des Menschen für einen Agenturerfolg ernst, so kommt dieser Mensch in seiner Darstellung deutlich zu kurz. Wer macht sie aus, diese Agentur? Gerade einmal die beiden Geschäftsführer präsentieren sich hier auf unnatürlichste Weise. Passt das zu unserem Anspruch, die sympathischen Experten für die schwierigen Fälle zu sein?
Was kommuniziert die Leistungsfähigkeit einer Agentur besser als die Darstellung der Leistungsträger? Natürlich kenne ich die Vorbehalte der Geschäftsleitung bzgl. Fluktuation und so. Aber ist die Darstellung real existierender Mitarbeiter nicht gerade die Chance, eine gewisse Stabilität im Team und damit ein wesentliches Qualitätsmerkmal der Agentur darzustellen? Wer ist Ansprechpartner für was? Zumindest so viel Service sollte sein!
Kommt auf die Agenda für das nächste Meeting!
In Sachen Arbeitgeberbeurteilung haben wir erfreulicherweise keine Negativmerkmale. Sie wären mir ja auch schon in meiner Bewerbungsphase aufgefallen. Was mir allerdings auffällt, ist, dass die Summe meiner Kollegen und Kolleginnen in ihren Profilen und Posts ein sehr unklares Bild von der Agentur zeichnen. Es ist ja okay, wenn man völlig privat auf Facebook unterwegs ist, aber wenn ein Bezug zu Boncreativa hergestellt werden kann oder gar soll, dann sollte dieser auch stimmig mit der Agentur sein.  
Das Gleiche gilt für die Mitarbeiterprofile auf XING. Angefangen bei den unterschiedlichen Fotostilen über uneinheitliche Funktionsbezeichnungen bis hin zu sehr offenherzigen Bemerkungen in Bezug auf das, was man sucht, ist hier wenig CI der Agentur zu erkennen. Da diese bislang nur in den Köpfen einiger Weniger existiert und bislang nicht kommuniziert wurde, ist das ja auch nicht weiter verwunderlich.
Ich werde anregen, dass wir hieran arbeiten. In meinen alten Unterlagen habe ich noch eine Ausgabe des „Kulturbuches“, welches seinerzeit von Springer & Jacoby für die eigenen Zwecke erstellt wurde. Das ist bestimmt auch heute noch eine interessante Grundlage für eine solche Arbeit.  
Interessant, was es alles zu tun gibt, wenn man sich dem Thema New Business verschreibt.   

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