Samstag, 22. Juni 2019

24. Buying Center

Der Agenturbedarf der Firma Burgbau bestätigt sich in dem Gespräch mit dem dortigen Werbeleiter. Ein offensichtlich sehr pragmatischer Typ, der mir direkt klarmacht, dass sich derzeit ein Buying Center gebildet habe, um diesen Suchprozess durchzuführen. Buying Center? In diesem Fall setzt es sich zusammen aus ihm, dem Werbeleiter, der Marketingleitung, einem Messeverantwortlichen und der Einkaufsleitung. Wenn ich an einer Zusammenarbeit interessiert sei, so solle ich mich bei ihm bewerben. Ja, er habe schon einmal von uns gehört, wir seien also keine gänzlich Unbekannten. Nach einer Spezifizierung der genauen Regularien entscheide ich mich, diese Herausforderung anzunehmen.

In der ersten Phase wird es darum gehen, zunächst auf schriftlichem Wege unsere Agentur darzustellen und dabei unsere Features in Sachen Messekommunikation mitzuteilen. Herr Preuss, so heißt der Werbe-leiter, informiert mich darüber, dass er, die Marketingleiterin, der Messebeauftragte und der Einkäufer im Vorfeld auf der Basis der schriftlichen Unterlagen eine Auswahl der Agenturen vornehmen werden. Man geht von ca. fünf Anbietern aus, die zu einer detaillierten Präsentation eingeladen werden. Termin für die Einsendung der Unterlagen ist in nunmehr zwei Wochen.
Respekt. Das klingt nach einem gezielten Vorgehen und einem gewissen Anspruch.
Wie ich erfuhr, sind auch Pitchberater und Agenturscouts für diese Aufgabe aktiv. Ich gehe also davon aus, dass sich weit mehr als fünf Agenturen bewerben werden und es bereits im Vorfeld zu einer Vor-entscheidung kommen wird. Aus dem Webinar, an welchem ich in Sachen „Beteiligung an Ausschreibun-gen“ teilgenommen habe, weiß ich, wie derartige Vorentscheidungen professionell vorbereitet und schließlich getroffen werden. Sehr hilfreich ist das Wissen, welche Mitarbeiter in welchen Funktionen an dieser Entscheidung beteiligt sind. Denn ich gehe davon aus, dass jeder dieser Mitarbeiter eigene Krite-rien definiert hat, die er sich von der neuen Agentur wünscht.
Meine Kollegin Annelie erscheint in meinem Büro. Wenn ich einen Moment Zeit für sie hätte, würde sie mir kurz ihre Idee für die Nutzung der sozialen Medien in eigener Sache darlegen. Diese Zeit nehme ich mir doch gerne! Es folgt ein Feuerwerk an Möglichkeiten und beeindruckenden Kennzahlen. Auch wenn ich all die Facetten noch nicht vollständig erfassen kann, bestätigt sich meine Annahme, dass wir in unserem Neugeschäftsprozess nicht länger auf die sozialen Medien verzichten sollten. Und gerade auch in Bezug auf das soeben geführte Telefonat mit dem Werbeleiter von Burgbau erkenne ich, dass unsere Ansprechpartner immer vielfältiger werden. Folglich müssen sich auch die „Touchpoints“, an denen wir sie erreichen, vervielfältigen.  
Zurück zu der Eigendarstellung für Burgbau. Ich gehe solche Aufgaben immer gerne direkt an, da ich – noch unter dem Eindruck des Telefonates – meist die besten Ideen habe. Fest steht für mich, dass ich ein „Credential“ erstellen werde, also einen Berechtigungsnachweis, warum wir für diese Aufgabe beson-ders geeignet sind. Die Herausforderung wird darin bestehen, dass ich bereits hier auf alle Teilnehmer des Buying Center eingehe, indem ich ihre vermuteten Erwartungen anspreche. Führe ich mir nun die einzelnen Funktionen vor Augen, so gehe ich davon aus, dass Herr Preuss, der Werbeleiter, eine Agentur bevorzugen wird, die eine gute Administration liefert. Die Marketingleiterin – ich habe ihr XING-Profil kurz recherchiert – kommt aus der Industrie und wird ihren Schwerpunkt vermutlich auf Internationalität und Marke setzen. Der Messeverantwortliche – sein XING-Profil weist ihn als gelernten Messebauer aus – wird wohl ebenfalls eine sehr praktische Sicht vertreten und vermutlich einen eher technischen Blick haben. Der Einkäufer – laut XING Anfang dreißig, hat bei Burgbau als Auszubildender begonnen und noch keine weitere „Außenerfahrung“ gemacht – wird vermutlich auf quantifizierbare Fakten und transparente Strukturen achten.
In der Mittagspause suche ich den Kontakt zu unserer Account Managerin Annika. Ich bitte sie, mir Bei-spiele von Messeprojekten zu nennen, die nicht älter als zwei Jahre sind und in denen es um die Anspra-che internationaler Messebesucher im Maschinenbau ging. Bezogen auf die Projekte, die von ihren Kun-den stammen, bitte ich sie direkt um evtl. Cases, Bilder oder sonstige Informationen. Auch das Atelier kann mir helfen. Hier finde ich noch die eine oder andere Illustration und das Modell eines Messestandes, für den wir sogar ausgezeichnet wurden. Besonders interessant sind für mich natürlich solche Belege, die die eher ungewöhnlichen Aktivitäten dokumentieren, die wir für unsere Kunden betreiben. Also bspw. die Trainingsaktivitäten des Standpersonals am Vorabend der Messe. Gut, dass hier gelegent-lich Fotos gemacht wurden. Oder die Außenwerbung für Kunden im Umfeld einer Messe. Erfreulicherweise finde ich sogar ein Foto, welches das Einscannen einer Besucher-Visitenkarte zeigt. Ich werde es gut verwenden können, um den Aspekt der Datenerfassung und deren Weiterverarbeitung demonstrieren zu können.
Da sich einige meiner Kollegen mittlerweile für meine Arbeit interessieren, passiert es dann auch, dass ich von einer Mitarbeiterin der Buchhaltung den Hinweis auf eine internationale Anzeigenkampagne er-halte, die so speziell war, dass wir sie nicht – wie sonst üblich – über die Mediaagentur abwickeln, son-dern selbst planen und durchführen mussten. Perfekt!
Zurück in meinem Büro – Natalie lässt nicht locker und versucht sich immer noch mittels besonderer Kaffeezuwendungen in mein Privatleben einzumischen – beginne ich damit, einen exemplarischen Messejob zu skizzieren. Quasi als Prozessdiagramm. Was tun wir und wie wirkt alles zusammen?      Während ich das tue, staune ich selbst darüber, wie komplex unser diesbezügliches Wirken ist.
Unschlüssig bin ich mir noch darüber, ob ich auch unsere Preisliste anfügen soll. Das Interesse des Einkäufers würde ich dank unserer klaren Preisstruktur damit sicherlich finden. Ich werde einmal darüber nachdenken, ob ich diesen Effekt nicht auch anders erreichen kann.
Am Ende des Tages bin ich noch längst nicht fertig mit der Vorbereitung des Credentials. Aber ich habe das gute Gefühl, uns schon anhand der Beispiele und Prozessdarstellungen sehr gut präsentieren zu können. Es zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Geleistetes gut zu dokumentieren.  

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