Ich plane
eine Abfolge von Phasen, die jeder Neukontakt durchlaufen soll.
Schritt
eins ist die Überprüfung, ob der sorgfältig recherchierte Kontakt überhaupt für
das angebotene Thema zu gewinnen ist. Konkret: Ist er aufgeschlossen für das
Thema Messekommunikation? Sollte sich nämlich herausstellen, dass er das nicht
ist, wäre jede weitere Aktivität zu diesem Thema unsinnig. Um dieses Feedback
zu erhalten, werden wir ihn anrufen und den Grad seines Interesses erkunden.
Vom Verlauf dieses Gespräches machen wir den weiteren Prozessverlauf abhängig. Die
im CRM-System hinterlegte Dokumentation des Gespräches bildet die Grundlage
dafür. Stellen sich dabei harte Fakten heraus, wie bspw. dass
Agenturentscheidungen grundsätzlich an anderer Stelle getroffen werden, das
Unternehmen gerade den Eigentümer wechselt etc., wird dieser Kontakt aus der
regelmäßigen Bearbeitung herausgenommen.
Ein guter
Impuls des Webinars ist die Verwendung von Mails, die einen erfolgten
Telefonkontakt auf individuelle Weise abschließt. Hierfür werden drei Varianten
empfohlen: die „Dennoch-Mail“, die „Info-Mail“ und die „Bestätigungs-Mail“.
Sinn dieser Mailvarianten ist, zu einem nächsten Schritt zu kommen. Selbst die
„Dennoch-Mail“ greift das Telefonat auf, bedauert, dass das angesprochene Thema
auf kein aktuelles Interesse traf, erläutert noch einmal kurz den Nutzen des
Angebotes und formuliert die Aufforderung, sich doch bei einem entsprechenden
Interesse zu melden.
Die
„Info-Mail“ präsentiert die gewünschte Credential, das gewünschte Fallbeispiel
oder die wie auch immer geartete Zusatzinformation. Sie erläutert erneut das
unterbreitete Angebot, erinnert an den angesprochenen Nutzen des Angebotes und dokumentiert
die getroffene Vereinbarung. Also bspw. den vereinbarten Termin für den
Folgeanruf.
Die
Bestätigungs-Mail dokumentiert die getroffene Vereinbarung und teilt sie dem
Ansprechpartner mit. In unserem Fall den Termin für die erste
Pecha-Kucha-Präsentation.
Danach
beginnt die eigentliche Meisterschaft: Nach Telefonat und Folgemail sollte der
Akquisitionsprozess [W1] nun auf spezifische Weise weitergeführt werden. Der
„Flirtprozess“ beginnt. Ich nehme an, dass die Ausgangspositionen dafür sehr unterschiedlich
sein werden. Mal wird ein erkennbares Interesse bestehen, mal ein schwaches. In
einigen Fällen wird es vielleicht sogar eine regelrechte Ablehnung unseres
Angebotes geben. Die Herausforderung besteht darin, eine
Kommunikations(platt)form zu finden, die all diese Interessenlagen aufgreift
und in erster Linie in der Lage ist, Präsenz zu ermöglichen und Vertrauen aufzubauen.
Ich will meinen Zielkunden besser kennen lernen und mich stärker in seinem
Bewusstsein verankern. Und das auf eine Weise, die für mich machbar und für ihn
angenehm ist.
Das klingt nach
viel Arbeit und einem hohen Zeitbedarf. Ich schätze aber, dass die [W2] Zeit gut investiert ist, da sie das Vertrauen in
uns aufbaut und damit die Voraussetzung schafft, die wir für eine spätere Beauftragung
benötigen. Dass es bei uns eigentlich ein wenig „pressiert“, ist nicht das
Problem unserer Ansprechpartner. Erfreulicherweise scheint diese Denke auch bei
meiner Geschäftsleitung gegriffen zu haben. Die Zielsetzung, dass es sich hier
nicht um die Akquisition von „One-Night-Stands“, sondern um die von werthaltigen,
langfristigen Geschäftsbeziehungen handeln soll, ist allgemeiner Konsens. Die übereilte
Abschlussfrage a‘ la „gehen wir zu Dir oder zu mir?“ kann also unterbleiben.
Doch was macht jetzt Sinn, wie geht es weiter? Ein weiteres Telefonat? Meine
private Vorgehensweise bei Adrien und ihrer Einladung zu der
Poetry-Slam-Veranstaltung war ein guter Weg. Aus meiner alten Agentur kenne ich
Veranstaltungsformate, die die Agentur für ihre Kunden und für Interessenten mehrmals
im Jahr ausrichtete. Das waren Sommerfeste, Hafenrundfahrten, Kinopremieren, Museumsbesuche,
Vorträge etc. Der Sinn war immer derselbe: Beziehungsaufbau und
Beziehungspflege. Boncreativa verfügt bislang leider über keine derartigen
Angebote. Sie wären die Lösung für mein aktuelles Problem.
In der
Agentur treffe ich auf Robert Reinhold, unseren freien Texter. Er steht auf dem
Gang und scheint auf jemanden zu warten. Etwas gedankenversunken beschäftigt er
sich gerade mit seinem Handy. Ich versuche einen lockeren Spruch und meine,
dass ich diese Aktivität als Zeitfüller sonst nur von meinen jüngeren Kollegen kenne.
Er grinst mich – fast etwas mitleidig wirkend – an und meint, dass er sich
gerade in einem sehr wichtigen Prozess seines New Business Developments
befindet. Das macht mich natürlich neugierig. Es folgt seine kurze Darstellung
davon, welchen Nutzen er aus seinen Facebook-Aktivitäten zieht. Und denen gehe
er gerade nach. Zwischendurch! Ich zeige mich sehr verwundert. Er, tief in den
Vierzigern, Facebook und New Business Development? Wie passt das zusammen? Habe
ich da etwas nicht mitbekommen? Offenbar. Er gestattet mir einen kurzen Blick auf
seine „Freundesliste“ (über 400!) und meint dazu, dass es sich dabei allesamt
um tatsächliche oder potenzielle Auftraggeber handelt. Ich bin erstaunt. Schließlich
gibt er mir noch den Tipp, diesem Thema eine gewisse Aufmerksamkeit zu widmen.
Ich komme ins Grübeln.
In dieser Befindlichkeit
verlasse ich schließlich die Agentur. Es ist ein wundervoller Sommerabend. Ich
beschließe, mich an das Rheinufer zu begeben und abzuschalten. Mal sehen, ob mir
das gelingt, denn Akquisition findet überall statt und ist dadurch
allgegenwärtig. Was meine heutige Aufmerksamkeit im Besonderen findet, sind
Menschen, die sich primär mit ihrem Handy beschäftigen. Und es sind erstaunlich
viele darunter, die einen sehr etablierten und seriösen Eindruck machen. Kann
es sein, dass diese sich – parallel – allesamt in den sozialen Medien
rumtreiben?
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