Ohne
Umschweife setzen sie mich davon in Kenntnis, dass unser langjähriger
Maschinenbaukunde in absehbarer Zeit verloren gehen könnte. Er wurde von einem
ausländischen Investor übernommen und keiner weiß derzeit irgendetwas in Bezug
auf eine zukünftige Entwicklung. Derzeit beschäftigt dieser Kunde mindestens
sechs Mitarbeiter der Agentur und einige Freie, deren Weiterbeschäftigung ohne
sein Auftragsvolumen nicht möglich wäre. Daher gilt es ab sofort, gegenzusteuern
und den drohenden Verlust durch einen neuen Kunden auszugleichen.
Meine
Frage, ob es schon diesbezügliche Vorstellungen oder gar Kontakte gibt, wird
verneint. Da haben wir ihn wieder, den Unterschied zu meinem vorherigen
Arbeitgeber. Die Aufgabe heiße nun also, so Silke Sommer, für diesen Kunden so
schnell wie möglich eine Alternative aufzubauen. Rainer König ergänzt, dass das
Ziel der möglichst vollständige Erhalt des bestehenden Teams und der Erhalt des
angestammten Know-hows sei. Man erwarte entsprechende Vorschläge von mir.
Nächstes Treffen in dieser Angelegen-heit morgen um 16:30h!
Während ich
mich auf den Weg in mein Büro begebe, fällt mir die Aussage des genialen
Agenturberaters Siegfried A. Willing ein, der einmal behauptete, dass jeder
Kunde einen potenziellen Kundenverlust darstelle. Man kenne nur noch nicht den
genauen Zeitpunkt!
In meiner
alten Agentur, würde man jetzt die „Warteliste“ ziehen. Sie enthielt jene
Interessenten, die gerne von der Agentur betreut würden, von dieser aber
aufgrund von Wettbewerbskonflikten etc. aktuell nicht bedient werden konnten.
Veränderten sich die Rahmenbedingungen, wurden sie gezielt darüber informiert.
Bei Boncreativa sind wir soweit noch nicht.
Was ist
also zu tun? Ich beginne damit, mir die gesamten Jobs, die wir für den
Maschinenbaukunden in den letzten zwei Jahren durchgeführt haben, anzusehen. Um
größere Unruhe in dem Team zu vermei-den, sage ich, dass ich die Erstellung
einer Case „Maschinenbau“ vorbereite. Und in der Tat, diese hätte es längst
geben sollen.
Dann gilt
es, den Markt der Maschinenbauer einmal grundsätzlich unter die Lupe zu nehmen.
Da ich den Agenturvertrag mit unserem Kunden noch nicht kenne, kann ich bei der
Auswahl potenzieller Alternativ-kunden noch keine Einschränkungen vornehmen. Ich
kann aber Annika, eine unserer Account Managerinnen, dafür gewinnen, eine erste
Internetrecherche durchzuführen. Besonderer Schwerpunkt dabei ist deren
Messeaktivität. Denn wer dieselben Messen wie unser bestehender Kunde besucht,
wird auch eine ähnliche Arbeitsauslastung für die Agentur bieten. Obendrein
bitte ich darum, auf die Verwendung von Virtual Reality Anwendungen und
Chatbots zu achten.
Auch
Annelie, unsere Frau für Social Media, erweist sich als hilfreich. Sie hat
nicht nur schon das eine oder andere Gerücht in Bezug auf die Übernahme unseres
Kunden registriert, sondern erklärt sich bereit, eine erste Übersicht darüber
zu erstellen, welche Maschinenbauer bereits den Kanal Social Media
professionell nutzen und welche Informationen daraus zu ziehen sind.
Ich selbst
begebe mich in die Detailrecherche. Welcher Maschinenbauer arbeitet mit welcher
Agentur? Seit wann? Was ist darüber bekannt? Wurden Preise gewonnen oder
Kampagnen prämiert? Was sagt deren Kampagne aus? Etc.
Als ich
mich dann am folgenden Tag um 16:30h in dem Büro von Silke Sommer einfinde,
verfüge ich bereits über einen ersten Ansatz für die bevorstehende
Akquisitionsarbeit. Ein Abgleich der Spielräume, die uns der Vertrag mit
dem bestehenden Kunden lässt, mit den Vorstellungen meiner Geschäftsführer,
bringt uns dabei schon auf eine deutliche Spur. Eine Liste von
Maschinenbauunternehmen, die nicht in die Kampagne einbezogen werden sollen,
sorgt für weitere Klarheit. Es wird die Entscheidung getroffen, dass vor dem
konkreten Start der Maßnahme noch ein Meeting im erweiterten Kreis mit dem
Account Management und der Kreation stattfinden soll.
Ich bin
sehr zufrieden, denn auf dieser Grundlage werde ich gut arbeiten können. Zwar
fehlt immer noch die generelle Aussage darüber, was uns als Agentur eigentlich
ausmacht und für was wir stehen, aber bei dieser Aufgabenstellung kann ich mich
wenigstens auf eine sehr aktuelle Kompetenz mit vielen Beispielen und konkreten
Ergebnissen beziehen. Dennoch wird es ein Drahtseilakt, müssen wir doch die
Zusammenarbeit mit unserem bestehenden Kunden hochhalten und eine plausible
Argumentation für die Ansprache eines weiteren Maschinenbaukunden finden.
Das Gute: Wir
reagieren zwar in Bezug auf die Veränderung beim Kunden, aber wir agieren unmittelbar
und verbinden die Situation gleich mit einer „Flucht nach vorne“. Bin gespannt,
wie dieser Prozess verlaufen wird.
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