Samstag, 16. Februar 2019

6. Eine erste Zielformulierung

Es ist ja schon so etwas wie eine Binsenweisheit, dass eine klare Zielformulierung leichter und schneller ins Ziel führt. Aber warum wird sie trotz dieses Wissens so selten getroffen? Liegt es vielleicht daran, dass ich mich durch die Bestimmung eines Zieles automatisch gegen alle anderen entscheide? Mag sein. Allerdings komme ich ohne sie derzeit in meiner New Business-Tätigkeit nicht weiter. Bildlich gesprochen stehe ich an einer Kreuzung und weiß nicht, in welche Richtung ich mich bewegen soll. Eine Zielformulierung muss her.

Die Situation ist mir ja durchaus vertraut und ich muss gestehen, dass ich mich auch privat nicht immer so tough verhalte. Da ist diese Situation mit Lia und Adrien. Beide finde ich ausgesprochen reizvoll. Mit beiden könnte ich mir eine Zukunft vorstellen. Aber es fällt mir derzeit wahnsinnig schwer, hier eine konsequente Entscheidung zu treffen. Lia, die pragmatisch Lebenstüchtige, die um keine Antwort verlegen ist und bei der jeder merkt, wenn sie den Raum betritt. Adrien, die Hübsche, Zarte, bei der die Beschützerinstinkte in Mann und Frau geweckt werden und die von Jedermann mit irgendeinem Superlativ belegt wird. Welche ist da die richtige Wahl? Da ist sie wieder, die Frage nach dem Ziel. Partnerschaft auf Augenhöhe oder die Bewunderung der „Crowd“? Schwierige Entscheidung!

In Bezug auf meinen Job benötige ich diese Klarheit aber jetzt. Leider sind wir immer noch nicht so weit, unsere zukünftige Ausrichtung formuliert zu haben und einen Neugeschäftserfolg auch qualitativ bestimmen zu können. Denn „wir brauchen neue Kunden, mit denen wir Geld verdienen!“ ist keine Zielsetzung, mit der ein verantwortungsbewusster New Business Manager arbeiten kann. Selbst dann nicht, wenn es zunächst einmal „nur“ darum geht, die richtigen Anfragen oder Ausschreibungen zu selektieren.

Und genau das ist meine derzeitige Aufgabe. Selbstständige Anfragen von Werbungtreibenden erhalten wir leider noch sehr selten. Folglich konzentriere ich mich auf die Auswertung von veröffentlichten Ausschreibungen. Aber auch dafür benötige ich Selektionskriterien. Wollen wir bspw. bestimmte Leistungen der Agentur forcieren? Suchen wir die Nähe zu bestimmten Branchen oder schließen gar welche aus? In welchen Regionen wollen wir unsere Kunden betreuen? Welche Unter- bzw. Obergrenzen gibt es für Projekte? Wollen wir ausschließlich als Leadagentur fungieren oder wären wir auch bereit in sogenannten Bietergemeinschaften zu agieren? Diese und weitere Fragen müssen beantwortet werden. Und zwar von der Geschäftsleitung. Denn jede der ausstehenden Antworten trägt zur strategischen Ausrichtung der Agentur bei. Und die ist nun mal Aufgabe der Geschäftsleitung.

Ich erhalte einen sechs-Ohren-Termin und trage Silke Sommer und Rainer König meinen Wunsch nach einer klaren Zielformulierung vor. Die dadurch ausgelöste Diskussion fällt grundsätzlicher aus, als ich befürchtet habe. Schon zu Beginn offenbart sich, dass sich meine Geschäftsleitung nicht einig darüber ist, ob das Neugeschäft in erster Linie neues Geld einbringen oder die Agentur auch positionieren soll. Rainer König sieht vorrangig den wirtschaftlichen Ansatz. Er möchte vor allem gutes Geld verdienen und sucht nach solventen Kunden mit möglichst interessanten Aufgaben. Silke Sommer hingegen setzt – erwartungsgemäß – mehr auf ein strategisch ausgerichtetes Neugeschäft. Sie argumentiert unter anderem damit, dass es der Agentur nur so gelingen wird, auch in Zukunft noch die besten Mitarbeiter zu gewinnen. Das Argument von Rainer König, dass diese vor allem mal gut bezahlt werden möchten, überzeugt selbst ihn nicht wirklich. 

Tendenziell bewegt sich die Diskussion eher in Richtung strategischer Ausrichtung. In der zweiten Stunde gelingt mir ein kleiner Coup: Bei der Auswertung der getätigten Jobs fiel mir damals auf, dass die Agentur in bestimmten Monaten signifikant stärker ausgelastet war als im Rest des Jahres. Wie wäre es, wenn wir Projekte suchen würden, die speziell in den Monaten mit der geringeren Auslastung zu leisten wären?
Mit diesem Hinweis gerate ich schlagartig auf die Shortlist zum Mitarbeiter des Monats. Wie das gehen könne, fragt Rainer König spürbar interessiert. Nun, die Monate mit einer geringen Auslastung sind in unserem Fall die Monate Juni bis August und November bis Februar. Wenn wir Auftraggeber finden, deren Jobs in diese Zeiträume fallen, wäre das so ein Weg. Also ein Auftraggeber, der bspw. zu Jahresbeginn eine Veranstaltung oder eine Publikation herausbringt, benötigt den November, Dezember und vielleicht sogar Januar an Manpower. Das können wir leisten. Der Vorschlag wird angenommen. Weitere Vorgaben sind ein Projektvolumen von mindestens 250.000 €, bevorzugt im Bereich Verkehr, ein Einsatzort im Umkreis von 200 km und eine Ausschreibung, die nicht ausschließlich auf das billigste Angebot abzielt.

Na, geht doch! Damit kann ich arbeiten.

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